Geschichte

Der «Wilchinger Handel», das grosse Drama in der Geschichte des Dorfes Wilchingen, ereignete sich zwischen den Jahren 1712 und 1732 und handelt von einer Auseinandersetzung zwischen Obrigkeit und Untertanen.
Zur Vereinheitlichung und Straffung der Verwaltung, entzog die Regierung des Stadtstaates Schaffhausen den Untertanen-Gemeinden althergebrachte Sonderrechte und Freiheiten. Besonders empfindlich reagierten die Wilchinger, denn sie beanspruchten eine Ausnahmestellung unter den Schaffhauser Landgemeinden.

Das Pulverfass explodierte, als der Rat von Schaffhausen der Witwe Ursula Gysel («Stubenurschel») das Tavernenrecht im «Engel» erteilte. Wer das Tavernenrecht besass, durfte warmes Essen servieren. Gemäss dem Spitalerbrief stand es den Wilchingern zu, ein Tavernenrecht zu erteilen oder zu entziehen. Jedenfalls fühlten sich die Wilchinger in ihrem Rechtsempfinden verletzt. Die Obrigkeit schaffte mit dem «Engel» eine Konkurrenz zur Wirtschaft im «Gemeindehaus» und schmälerte damit die Einnahmen des Dorfes.
Die tüchtige «Stubenurschel», die vor dem Tod ihres Mannes Wirtin im Gemeindehaus war, hatte jahrelang für das Tavernenrecht gekämpft, ehe sie im Jahre 1717 gegen die Bezahlung von 200 Gulden und eine jährliche Abgabe an das Spital die Bewilligung erhielt, eine Taverne zu führen. Dieses Recht sollte durch das Aushängen eines Wirtshausschildes, in unserer Mundart eine «Tafääre» genannt, angezeigt werden. Die Wilchinger Bevölkerung hinderte den Landvogt, die Tavernentafel am «Engel» anzubringen.

Das Schauspiel wurde die Geschichte bereits im Jahre 1863 auf dem Gemeindehausplatz aufgeführt. Die Geschichte war für die Dichterin Ruth Blum der Stoff für ein Bühnenstück, das am Kant. Sängerfest 1968, in einem Festzelt zur Aufführung gelangte.

Unser Mitbürger, Alfred Hedinger (1932 – 2022), hat in einer gewaltigen Arbeit die damalige Zeitepoche recherchiert und darüber eine 340-seitige Dokumentation erstellt, welche umfassende Einblicke in das Leben, die Bräuche, Herrschaftsansprüche und politischen Verhältnisse anfangs des 18. Jahrhunderts erlaubt.

Die Autorin, Virginia Stoll, hat aus dieser Zeit, die dramatischsten Jahre von 1717 – 1729 herausgenommen und einem Freilichtspiel verarbeitet. Dieses wurde zum ersten Mal im Jahr 2005 aufgeführt.